Therapieprinzip

Bei der Radiopeptidtherapie wird die Eigenschaft vieler neuroendokriner Tumoren ausgenutzt, auf ihrer Zelloberfläche Somatostatinrezeptoren zu exprimieren. Diese Rezeptoren finden sich auch auf normalen Zellen/Geweben, ihre Dichte ist aber bei vielen Neuroendokrinen Tumoren besonders hoch.

Zur Therapie wird ein Somatostatinanalogon wie z.B. DOTATOC oder DOTATATE radioaktiv mit einem Betastrahler markiert. Durch intravenöse Applikation verteilt sich die Therapiesubstanz im Körper und bindet an die Somatostatinrezeptoren. Um den Tumor möglichst hochdosiert unter weitgehender Schonung des gesunden Gewebes zu bestrahlen, wird ein Nuklid wie Lutetium-177 und in einzelnen Fällen auch Yttrium-90 verwendet, das eine energiereiche Strahlung mit geringer Reichweite emittiert. 

Die Therapie kann in mehreren Zyklen (typischerweise 1 bis 3) erfolgen. Die Therapie wird meist gut toleriert. Als häufigste Nebenwirkungen treten Übelkeit und Erbrechen auf, die i.d.R medikamentös gut beherrschbar sind. Da das Präparat über die Nieren ausgeschieden wird, ist eine Mitbestrahlung der Nieren nicht zu vermeiden.

Daher werden zur Nierenprotektion im Rahmen der Therapie Aminosäuren i.v. verabreicht. Eine i.d.R. vorübergehende Verminderung der Blutbildung oder eine Abnahme der Leberfunktion sind möglich. Durch Zerstörung von Tumorzellen kann es kurzzeitig zur vermehrten Freisetzung von Hormonen und damit einhergehenden Symptomen (Flush, Diarrhoe, Dyspnoe etc.) kommen. Andere Nebenwirkungen sind selten. 

Indikationen

Neuroendokrine Tumore mit ausreichender Somatostatinrezeptorexpression. Die Therapie ist insbesondere für Patienten mit hoch differenzierten bzw. langsam proliferierenden Tumoren geeignet, die erfahrungsgemäß einer Chemotherapie weniger zugänglich sind. Die Therapie ist insbesondere bei einer metastasierten Erkrankung indiziert; andere Therapiemöglichkeiten (Operation, Chemotherapie, lokale Therapie) sollten ausgeschöpft sein. Auch Patienten, die ein Fortschreiten der Erkrankung/Symptome unter medikamentöser Therapie mit Somatostatinanaloga aufweisen oder Patienten mit ausgeprägter Symptomatik können von einer Radiopeptid-Therapie profitieren. 

Patientenvorbereitung

  • DOTATOC-PET/CT als Ausgangsuntersuchung relativ zeitnah zum Therapietermin.
  • Nierenszintigraphie, laborchemische Untersuchungen zur Abklärung einer 
    ausreichenden Nierenfunktion
  • Karnofsky Index = 60, Durchschnittliche Lebenserwartung = 3 Monaten sollten gegeben sein
  • Eine ausgeprägte Einschränkung der Leberfunktion darf nicht vorliegen.
  • Ausreichende Blutbildung (Sonderfall: Vorhandensein autologer Stammzellen mit der Möglichkeit zur zügigen Stammzelltherapie)
  • ausreichender Abstand zur Radiopeptidtherapie nach eventuell erfolgte Chemo- oder Strahlentherapie
    Schwangerschaft/Stillzeit dürfen nicht vorliegen
  • Letzte Sandostatin® LAR- bzw. Somatuline AutoGel-Gabe 4-6 Wochen vor Therapie; Überbrückung mit Sandostatin® sc. bis max. 1 Tag, besser 2-3 Tage vor Therapie.
  • Nüchternheit, Absetzen anderer Medikamente nicht erforderlich.

Besonderheiten der Therapie

  • Klinische Angaben über die Erkrankung, bisherige Therapie, relevante Voruntersuchungen und Ki-67 Index sind wünschenswert.
  • Die Therapie kann in mehreren Zyklen (typischerweise ein bis drei) erfolgen.
  • Posttherapeutisch regelmäßige Kontrolle von Blutbild, Leberenzymen (GOT, GPT, GAMMA-GT), Bilirubin, Kreatinin, Cystatin C, Gerinnung, Albumin, Chromogranin A, ggf. spezifischer Tumormarker sowie im Morgenurin von Albumin, Kreatinin, Alpha1-Mikroglobulin,Urin-Sediment (Übersicht über notwendige laborchemische Nachuntersuchungen wird dem Patienten mitgegeben)
  • Regelmäßige DTPA-Nierenszintigraphie in der Nachsorge, zunächst nach 3 Monaten
  • Regelmäßige DOTATOC-PET/CT zur Therapiekontrolle, zunächst nach 3 Monatenn
  • Zwischen den Therapiezyklen kann eine Sandostatin®-Therapie wieder aufgenommen werden.

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